E-Learning


16.07.18 - Im Interview erläutert Dr. Lukas Fässler Entwicklungen im E-Learning-Bereich und was nötig ist, um das Potenzial von E-Learning erst richtig nutzen zu können.



Dr. Lukas Fässler doziert am Departement Informatik der ETH Zürich und untersucht verschiedene Aspekte von E-Learning. Im Zentrum der Aktivitäten steht das Ziel, Lernumgebungen zur Vermittlung von Informatik-Grundlagen zu entwickeln und für verschiedene Zielgruppen bereitzustellen. Im Interview erläutert er Entwicklungen im E-Learning-Bereich und was nötig ist, um das Potenzial von E-Learning erst richtig nutzen zu können.

Welche Fortschritte bei E-Learning-Lösungen konnten Sie in letzter Zeit beobachten?

Erfreulich ist, dass man beim E-Learning langsam von der reinen Faktenvermittlung wegkommt. Qualitativ gute Kurse unterstützen die Lernenden individuell beim Lernen und zielen auf interdisziplinäres Zusammenarbeiten, kritisches Hinterfragen und autonomes Urteilen ab. Hier hat E-Learning ein enormes Potenzial. Die Erfassung von Daten kann dazu genutzt werden, eine Lernumgebung besser auf die Lernenden auszurichten. E-Learning hat das Image, dass Lernen dadurch anonymer und unpersönlicher wird. Das muss nicht sein. Wir ermöglichen unseren Studierenden beispielsweise durch E-Learning mehr zwischenmenschliche Kontakte zwischen Studierenden und Coaches, indem die E-Learning-Lösung in grossen Klassen von mehreren hundert Studierenden Eins-zu-eins-Kontakte organisiert und gleichzeitig die Qualität der Betreuung in Echtzeit überprüft.

Was ist aus Ihrer Sicht bei der Einführung von E-Learning wichtig?
Der individuelle Lernprozess muss im Zentrum stehen. Heute ist es möglich, Lernumgebungen auf verschiedene Zielgruppen auszurichten. Die Grösse einer Zielgruppe spielt bei der Einführung eine zentrale Rolle. Es empfiehlt sich, zunächst Inhalte für eine kleinere Gruppe zu entwickeln und zu optimieren und dann zusammen mit geeigneten Tools auf grössere Gruppen zu skalieren. Dieser Prozess muss geplant und begleitet werden. Die Aufarbeitung von Inhalten für E-Learning ist sehr aufwendig und kostenintensiv. Das wird häufig unterschätzt und lieber über Möglichkeiten von Lernplattformen und Tools diskutiert.

Eine Kehrseite von E-Learning sei, dass die didaktische Gestaltung bei E-Learning-Lösungen oft zu kurz kommt. Können Sie dem zustimmen?
Der Begriff des «Blended Learning», das heisst eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von traditionellen Face-to-Face Formen mit E-Learning-Methoden, wurde bereits vor 15 Jahren beschrieben. Es ist also keine neue Erkenntnis, dass es mit dem Onlinestellen von Inhalten allein nicht getan ist. Wer das wirkliche Potenzial von E-Learning nutzen will, muss sich mit den didaktischen Abläufen auseinandersetzen und versuchen, sie digital abzubilden und für grössere Gruppen automatisierbar zu machen.

Wie weit denken Sie, ist E-Learning schon eine Selbstverständlichkeit?

Ich bin manchmal etwas erstaunt, dass die Hochschulen nach über 20 Jahren E-Learning nicht mehr hervorgebracht haben. Die weltweite Öffnung der Angebote bringt Konkurrenz mit analogen Systemen, das hat schon einen Effekt. Heute kann man sich zu vielen Inhalten weltweit in einen MOOC (Massive Open Online Course) einschreiben. Das wird in Zukunft noch zunehmen und die Lehre generell beeinflussen.

Wie hoch denken sie, wird der Anteil von E-Learning gegenüber anderen Lernformen in einem Bildungsprozess in Zukunft sein?
Irgendeine E-Komponente verwenden heute die allermeisten Dozierenden und Lehrpersonen. Man kann sich dem gar nicht mehr entziehen. Die Herausforderung für Lehrpersonen und Bildungsinstitutionen ist es, diesen Digitalisierungs-Trend aktiv mitzugestalten und eigenständiges Lernen und Handeln zu ermöglichen. Es werden sich in diesem Bereich auch neue Berufsbilder etablieren.

 

 

 

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